Klimaschutz und Energieeffizienz - 5 Jahre Klimaschutzabkommen
Wo stehen wir im Klimaschutz? Welche Parallelen gibt es zwischen Klimawandel und Corona-Pandemie? Wie können Gebäudebetreiber aktiven Umweltschutz mit Zukunftssicherung kombinieren? Frank Krause, CEO der Caverion Division Deutschland und Mitglied im Group Management Board, mit Analysen und Perspektiven.
Fünf Jahre Pariser Abkommen: Wo stehen wir heute in Sachen Klimaschutz?
Frank Krause: nicht dort, wo wir eigentlich sein müssten. Betrachtet man beispielsweise den Klimaschutzindex 2020 von Germanwatch, muss man feststellen, dass Deutschland im Ranking nur Platz 22 belegt – das können wir doch eigentlich besser …
Zwingen uns denn die pandemiebedingten Shutdowns nicht ohnehin zum Klimaschutz?
Frank Krause: Die Wirkung wird allgemein überschätzt: Nach UN-Angaben haben die Corona-Maßnahmen „eine winzige Delle" im CO2-Ausstoß verursacht. Im ersten Halbjahr 2020 wurden zwar insgesamt rund 1,6 Milliarden Tonnen oder 8,8 Prozent weniger Kohlendioxid in die Atmosphäre gepustet als im Vorjahreszeitraum. Aber: Trotz all der Einschränkungen in der Industrie weist der weltweite CO2-Trend ungebrochen nach oben.
So mancher sieht in der Covid-19-Krise Parallelen zum Klimawandel …
Frank Krause: … die sind in der Tat nicht von der Hand zu weisen. Der Klimawandel ist, wie die Pandemie, selbstverstärkend. Je mehr CO2 wir ausstoßen, desto stärker steigt die Durchschnittstemperatur – was wiederum eine stärkere CO2-Emission in anderen Bereichen auslöst, etwa aus den erwärmten Ozeanen oder tauenden Permafrostböden. Wie in der Pandemie gilt: Gerät die Lage einmal außer Kontrolle, erreichen wir Kippelemente im System – und die Entwicklung wird auf längere Zeit unumkehrbar.
Welche Gemeinsamkeiten sehen Sie noch?
Frank Krause: … die Probleme bei der Umsetzung der Gegenmaßnahmen. Wir müssen eigentlich „nur" auf eine CO2-neutrale Energiewirtschaft umstellen. Aber unsere Wirtschaft hängt noch stark von der Verbrennung fossiler Energieträger ab. Eine Umstellung ist technisch möglich, aber mit enormen Kosten und Schwierigkeiten verbunden.
Was unterscheidet beide Krisen voneinander?
Frank Krause: Die Corona-Krise wird durch die Entwicklung der Impfstoffe beherrschbar. Dann geht es wieder steil aufwärts – auch bei der CO2-Emission. Der Klimawandel wird uns noch auf Jahrzehnte beschäftigen.
Was können Gebäudebetreiber für den Klimaschutz tun?
Frank Krause: Mit rund 40 Prozent Anteil am EU-weiten Endenergieverbrauch und 36 Prozent an den Treibhausgasemissionen tragen Gebäude wesentlich zur Umweltbilanz bei. Hier können und werden wir ansetzen. Mit dem klaren Bekenntnis zum nachhaltigen Handeln verbessern wir nicht nur den eigenen ökologischen Fußabdruck, sondern helfen auch unseren Kunden, ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen – und dies im Einklang mit wirtschaftlichen Aspekten. Unser Ansatz berücksichtigt dabei alle Gewerke und Materialien über den gesamten Lebenszyklus.
Hat das auch Hand und Fuß?
Frank Krause: Und ob: Bei unserer Strategie unterscheiden wir nun zwischen dem ökologischen Fußabdruck, der die Emissionen erfasst, und dem Handabdruck. Er steht für die positiven Effekte, etwa wieviel Einsparungen bereits aktiv erzielt wurden. Caverion plant, bis 2030 durch nachhaltige Lösungen eine Zunahme des CO2-Handabdrucks um den Faktor zehn zu erreichen.
Welche konkreten Vorteile hat denn der Gebäudebetreiber von einer energetischen Sanierung oder Neuplanung – außer, dass er den Planeten schützt?
Frank Krause: Planungssicherheit, Kosteneinsparung und Wertsteigerung. Wer auf fossile Energieträger setzt, macht sich von einem Markt abhängig, der extremen Schwankungen unterliegt. Wie viel Kohle, Öl und Gas in fünf, zehn oder zwanzig Jahren kosten werden, hängt von sehr vielen, sehr instabilen Faktoren ab, die nicht zuletzt hochpolitisch sind. Aber eines ist sicher: Billiger wird sie nicht! Wer dagegen heute Geld für Energieeffizienz ausgibt, kann auf lange Sicht mit stabilen und berechenbaren Betriebskosten kalkulieren – und wird seine Ausgaben mehr als amortisieren. Der Wert einer Immobilie wird sich in Zukunft immer stärker an ihrer Energieeffizienz orientieren.
Aber ist dafür jetzt der richtige Zeitpunkt – mitten in der Corona-Krise?
Frank Krause: Auf jeden Fall. Denn wenn es irgendwelche positiven Aspekte der Pandemie gibt, dann sind es doch die neuen fiskalpolitischen Impulse, die derzeit weltweit gesetzt werden, um die Folgen abzumildern. Allein das CO2-Gebäudesanierungsprogramm des Bundes wird für 2020 und 2021 um eine Milliarde Euro auf 2,5 Milliarden Euro aufgestockt, ebenso wie die Förderprogramme zur energetischen Sanierung kommunaler Gebäude. Auch in der Europäischen Union herrscht große Einigkeit: Erst kürzlich beschloss das EU-Parlament die Klimaziele bis 2030 weiter zu verschärfen. Um 55 Prozent statt bislang 40 Prozent soll der Ausstoß von Treibhausgasen unter den Wert von 1990 sinken. Die großzügigen Förderprogramme sollen nicht nur die Corona-Rezession überwinden, sondern vor allem auch dem Umweltschutz und der Energieeffizienz zugute kommen – und damit den Zielen des Pariser Abkommens. Viele unserer Kunden schlagen bei dieser Gelegenheit gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie nutzen die Zeiten geringerer Auslastung für energetische Sanierungen und die großzügigen Fördertöpfe für ihre Finanzierung.
EU-Förderung – das hört sich nach zeitraubender Recherche an und nach viel Bürokratie?
Frank Krause: Das hört sich nicht nur so an: Auf nationaler wie internationaler Ebene gab es schon vor der Covid-19-Krise zahlreiche Förderprogramme, die nun noch einmal großzügig und im Schnellverfahren ausgeweitet wurden. Dadurch wird der Subventionsdschungel nicht gerade lichter. Sich in diese komplexen Strukturen einzuarbeiten, lohnt für Planer und Betreiber nur in den seltensten Fällen. Die erforderlichen Analysen und Beratungen zählen daher schon immer zu unserem Kerngeschäft. Wir stellen für jeden unserer Kunden das ideale Förderpaket zusammen und erklären genau, was betriebswirtschaftlich sinnvoll ist. Aber viele Kunden sehen Energieeinsparungen gar nicht ausschließlich unter Kostenaspekten: Sie wollen ihren ökologischen Handabdruck erhöhen und einen Beitrag leisten, zur Erreichung der Klimaziele aus dem Pariser Abkommen. Wir sind hier auf einem guten Weg.