Nicht erst seit Greta Thunbergs emotionaler Rede und der Verleihung des alternativen Nobelpreises an die Aktivistin wächst erneut der wirtschaftliche und soziale Druck, Energie zu sparen – auch bei Gebäudeplanern und -betreibern. Doch nicht jede noch so gut gemeinte Forderung ist ökonomisch umsetzbar. Künstliche Intelligenz könne ein Ausweg aus dem Dilemma sein.
… dann entsteht in der Politik Handlungsbedarf: Das Klimakabinett einigte sich in einer Marathonsitzung auf ein Maßnahmenpaket – das umgehend als unzureichend kritisiert wurde. Industrie und Gewerbe täten immer noch viel zu wenig, sagen alle, die sich weitaus radikalere Schritte gewünscht hätten. Wer diesen Blog kennt, der weiß, dass wir uns hier jeder politischen Wertung entsagen. Fest steht allerdings: Der Druck auf Gebäudeplaner und -betreiber nimmt – wieder einmal – zu. Schließlich macht die Heizenergie gut die Hälfte des Energieverbrauchs im Sektor Gewerbe, Handel und Dienstleistungen aus, und der lag 2017 bei mehr als 400 Terawattstunden.
So berechtigt die Forderungen der Klimaschützer sind: Sie umzusetzen, ist dann wieder eine andere Sache. Wir können unseren Gebäudebestand eben nicht mal schnell abreißen und dann als Null-Energie-Variante wieder aufbauen. Wir werden wohl noch auf längere Zeit mit dem arbeiten müssen, was wir haben.
… dann geschieht dies heute schon nach einem sehr ausgereiften Schema. Die Vorlauftemperatur wird nach Außentemperatur und Sollwert über eine Kennlinie ermittelt und konstant gehalten. Die Anlage wird bei der Installation nach bewährten Erfahrungswerten initialisiert. Dann folgt bei uns ein etwa halbjähriger Probebetrieb, mit dem wir die Anlage nach individuellen Bedürfnissen und baulichen Gegebenheiten weiter optimieren. Das ist gar nicht so einfach. Schließlich wollen wir Energie und Kosten sparen, wir wollen die Umwelt schonen – aber dabei eben auch keine kalten Füße bekommen. Die Automatisierungstechnik ist mittlerweile schon recht weit fortgeschritten. Luft nach oben gibt es aber noch in puncto Lernfähigkeit.
Dann wird so mancher Profi blass. So ging es auch Lee Sedol, einem der weltbesten Go-Spieler, der 2016 gegen das selbstlernende Programm AlphaGo mit 4:1 überraschend deutlich zweiter Sieger wurde. Das Geheimnis des Erfolges war im Prinzip ein System, das nicht nach starren Algorithmen vorgeht, sondern sich eigenständig auf der Basis eines vordefinierten Regelwerks optimiert.
Das im Dezember 2017 vorgestellte KI-System AlphaZero erlernte innerhalb weniger Stunden nacheinander die Spiele Schach, Go und Shogi – und spielte dann weit besser als jeder Mensch, und zwar ohne dass man ihm jemals irgendeine Strategie beigebracht hätte.
… dann braucht die künstliche Intelligenz ganz reale Daten, und zwar möglichst viele. Je dichter das Netz der Sensorik, desto besser sind die Entscheidungen, die regelbasierende Systeme daraus ableiten können. So mancher träumt da schon von einer drahtlosen Vernetzung im Gebäude, vom kabellosen Bus, gar vom Automationsserver in der Cloud.
Wie und wo die Daten letztlich zusammenlaufen, ist aber weniger wichtig als die Frage, wie sie gegen Missbrauch geschützt werden. KI, Digitalisierung und Umweltschutz dürfen auch in Zukunft niemals als Vorwand dienen, Persönlichkeitsprofile zu entwickeln und Druck aufzubauen. Auch wer es gerne ein wenig wärmer hat, in seinem Büro, darf dadurch keine Nachteile erleiden.
Um an den Anfang dieses Blogs zurückzukommen: Nein, die Welt werden wir allein mit regelbasierender künstlicher Intelligenz nicht retten. Aber die Potenziale sind erheblich – wenn wir das richtige Augenmaß bewahren. Wir dürfen die Kälte nicht in die Häuser lassen.
Auch in sozialer Hinsicht.
Text: Eva-Maria Beck, Illustration: Thomas Hardtmann