Man kann schon sagen, dass die letzten Jahre gesellschaftlich wie wirtschaftlich betrachtet herausfordernd waren. 2014 hatten wir gerade die Euro-Krise hinter uns. Zu der Zeit befand sich die Facility-Management-Branche in Deutschland in einer erfreulich stabilen Lage. Zwei Entwicklungen waren jedoch schon damals deutlich erkennbar: Zum einen der wachsende Personalbedarf; zum anderen zeichneten sich erste Trends ab, hin zu Unternehmensfusionierungen und damit zu Multidienstleistungsunternehmen, die ländergrenzüberschreitend agieren, etwa in der DACH-Region.
Fünf Jahre später, 2019, lagen die Flüchtlingskrise und der Brexit hinter uns, die erste Regierungszeit von Donald Trump neigte sich dem Ende zu und die weltweite Klimabewegung „Fridays for Future“ wurde aktiv. Diese Ereignisse beeinflussten natürlich auch die Immobilienwirtschaft und damit einhergehend unsere Branche. Viele Gewissheiten wurden infrage gestellt. So entwickelte sich beispielsweise ein wachsendes Umweltbewusstsein in der Gesellschaft. In dem Kontext wurde der Ruf nach energieeffizienten, nachhaltigen und nutzerorientierten Immobilien – den Smart Buildings – lauter. Am 1. November 2020 trat dann das viel diskutierte Gebäudeenergiegesetz in Kraft. Hier wird erstmals ein erhöhter Effizienzstandard in Bezug auf die Regelung, den Gebäudebetrieb und das Energiemanagement für Nichtwohngebäude gefordert, was Gebäudeeigentümer und Betreiber von Bestandsimmobilien klar in die Verantwortung stellt.
Nicht vorhersehbar war die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen auf die Immobilienbranche: Endnutzer stellten veränderte Ansprüche and ihre Arbeitsumgebungen. Zufriedenheit, Komfort und Gesundheit der Menschen in den Gebäuden wurden wichtiger. In den Büros bildeten sich neue Arbeitsformen wie Shared Desk; nicht zu vergessen der Einzug des Homeoffice-Modells in die Firmen, was wiederum die Flächennutzung von Immobilien und hierdurch auch die Facility Services beeinflusste. Und: bislang manuelle Arbeitsprozesse wurden digitaler.
Heute wird das Facility Management von sechs Haupttrends bestimmt, die sich gegenseitig bedingen und beeinflussen: Konzentration, integriertes Facility Management, Nachhaltigkeit und ESG, Digitalisierung, nutzerzentriertes Facitilty Management und Personalmangel.
Schauen wir beispielsweise auf die Konzentration. In den letzten Jahren haben sich immer mehr Multiplayer gebildet, die sehr umfangreiche Leistungspakete anbieten. Wir können aber auch eine Art Gegenbewegung erkennen. Viele Unternehmen wollen bewusst kein, ich will mal sagen: Gemischtwarenladen sein, sondern stehen zu ihren jeweiligen Kernkompetenzen. Caverion ist ein Beispiel, wie man es auch machen kann. Das Unternehmen positioniert sich als spezialisierter Lösungsanbieter mit einem breiten Technologieportfolio und den dazu passenden Services und einem nutzerorientierten Facility Management.
Dieses Thema Nachhaltigkeit hat – leider – etwas an Aufmerksamkeit verloren. Nicht alle Erwartungen der Dienstleister an zusätzliche Nachfragen haben sich schon erfüllt. Jedoch gewinnen EU-Taxonomie und ESG-Richtlinien mehr und mehr an Bedeutung, da der finanzielle Druck auf Immobilienbetreiber wächst, auch in Richtung Standardisierung von Technologien. Der Druck, in unsanierten, nicht energieeffizienten Immobilien zu handeln, ist hoch. Aber: ESG und die Corporate Sustainability Reporting Directive bringen auch Berichtspflichten mit sich. Das ist ein Treiber für die Digitalisierung der Facility Services.
Der Dienstleister wird immer mehr zum Property Manager, der durch gestiegene Ansprüche an nachhaltige, sichere und komfortable Gebäude ein größeres Aufgabenspektrum innehat – und damit auch in einem anderen Verhältnis zum Auftraggeber steht.
Der Fachkräftemangel entwickelt sich wie vorhergesehen und stellt sicherlich nach wie vor eine der größten Herausforderungen für unsere Branche dar. Hier zeichnen sich leider noch keine vielversprechende Lösung oder gar eine Wendung ab.
Anders sieht es bei der Digitalisierung aus: Innovative Sensorik und damit einhergehend moderne Software zur Datenanalyse und Dokumentation liegen klar im Fokus. Der Facility Manager als „Profi im Keller“ ist heute längst auch versierter IT-Spezialist, der immer mehr zum entscheidenden Faktor wird.
IoT und Konnektivität spielen schon heute und auch in Zukunft eine wichtige Rolle. Aktuell wird KI teilweise zur Mustererkennung eingesetzt. In der Zukunft wird sie jedoch immer stärker zum Einsatz kommen und dabei helfen, Gebäude optimal zu bewirtschaften. Bis KI in der Fläche zum Einsatz kommt, wird es jedoch noch dauern.
Neben dem bereits genannten Arbeitskräftemangel sind aus unserer Sicht die aktuell schwächelnde Konjunktur in Deutschland, die Preisentwicklungen und die beeinträchtigten Lieferketten die derzeit größten Herausforderungen. Hinzu kommen die zunehmend veränderten Flächennutzungen, die neue Dienstleistungskonzepte erforderlich machen. Jedoch haben uns die letzten Jahre gezeigt, dass Unternehmen, die flexibel, innovativ und vorausschauend agieren und über ein gut sortiertes Leistungsportfolio verfügen, eine Stabilität für Veränderungen entwickelt haben – und somit für die Zukunft gut aufgestellt sind. Ich bin daher ganz positiv, was die kommenden Jahre betrifft.
Text: Eva-Maria Beck, Illustration Thomas Hardtmann