Die Zeit wird knapp: Noch weniger als ein halbes Jahr, dann müssen nach dem viel zitierten Gebäudeenergiegesetz (GEG) Nichtwohngebäude ab einer Anlagen-Nennleistung von mehr als 290 kW mit Gebäudeautomation ausgerüstet sein. Was ist für wen Pflicht? Wie ist Stand der Dinge? Und wie geht es weiter? Wir haben nachgefragt, bei Martin Kraft, Teamleiter Energy Services bei Caverion.
Herr Kraft, was genau kommt auf die Betreiber und Eigentümer von Nichtwohngebäuden bis Ende des Jahres zu?
Zunächst geht es beim Gebäudeenergiegesetz vorrangig um höhere Effizienzstandards für die Regelung, den Gebäudebetrieb und das Energiemanagement: Neu errichtete Nichtwohngebäude mit einer Nennleistung der Heizungs- oder kombinierten Raumheizungs- und Lüftungsanlage von mehr als 290 Kilowatt müssen einen Automationsgrad der Kategorie B nach DIN V 18599-11 oder besser vorweisen. Bislang reichte die Kategorie C.
Und beim Bestand?
Die Anforderung betrifft auch hier sämtliche Gebäude mit mehr als 290 kW Leistung von Heiz- oder Klimaanlagen, sie gilt also erfahrungsgemäß ab einer Brutto-Grundfläche von mehr als 4.000 bis 5.000 m². Aber auch bei deutlich weniger Grundfläche können die 290 kW bereits überschritten sein – eine individuelle Prüfung ist daher auf jeden Fall zu empfehlen. Wichtig zu wissen ist, dass bei Bestandsgebäuden mindestens eine digitale Energieüberwachungstechnik eingeführt werden muss. Sie besteht aus der Überwachung, Protokollierung und Analyse der jeweiligen Gebäude- und Energiedaten, der firmen- und herstellerunabhängigen Datenauswertung, der Bildung von Energiekennzahlen, der Benennung eines Energiemanagers und dem Reporting. Sind alle Bestandteile in Bezug auf Heizung und Kühlung vorhanden, so ist die Anforderung nach dem GEG § 71 a erfüllt und es besteht kein Handlungsbedarf. Wenn nicht, dann gilt die Nachrüstpflicht oder Einführung bis zum 31. Dezember 2024. Ist der Automatisierungsgrad der Kategorie B erfüllt, muss keine zusätzliche digitale Energieüberwachungstechnik installiert werden. Eine herstellerübergreifende Kommunikation, etwa über BACnet oder KNX, muss jedoch vorhanden sein.
Was raten Sie Ihren Kundinnen und Kunden?
Machen. Unbedingt anfangen mit der energetischen Sanierung bei Bestandsgebäuden. Das Zeitfenster ist eng, und bei Nichterfüllung drohen Strafen. Abwarten und auf Gesetzesänderungen hoffen, ist kein Ausweg und auch betriebswirtschaftlich riskant. Ich denke da besonders an die andernfalls entstehenden „Stranded Assets“, also unsanierte, wertlose Immobilien. Mein Rat: schrittweise, gebäudebezogen und mit Augenmaß vorgehen, sich zunächst auf das konzentrieren, was wichtig und machbar ist – und vor allem: sich kompetenten Rat suchen. In dem Zuge kann auch verlässlich geprüft werden, was vorhanden ist und was möglicherweise erweitert werden muss, um den § 71 a im GEG zu erfüllen.
Wo und wie unterstützen Sie Ihre Kundinnen und Kunden?
In nahezu allen Phasen. Am Anfang steht eine umfassende Bestandsaufnahme der vorhandenen Gebäudetechnik sowie des Automatisierungs- und Digitalisierungsgrades. Ist der Level B oder besser umgesetzt? Funktioniert die herstellerübergreifende Kommunikation? Oder muss nachgerüstet werden? Wie hoch ist der Aufwand der Implementierung digitaler Energieüberwachung oder eines Energiemanagement-Systems? Diese und weitere wichtige Faktoren besprechen wir gemeinsam mit unseren Kundinnen und Kunden. Dann erarbeiten wir einen spezifischen, das heißt auf das jeweilige Gebäude ausgerichteten Maßnahmenplan – und setzen um, was notwendig, sinnvoll und finanzierbar ist. Als Spezialist für Energiemanagement und -monitoring haben wir alle wichtigen Punkte im Blick, ebenso wie die vielen Regularien, die für Unternehmen oft sehr schwierig zu überblicken sind. Das GEG ist im Laufe der Zeit immer komplexer geworden, mit vielen zusätzlichen Bestimmungen. Diese alle zu erfüllen, ist keine einfache, aber durchaus lösbare Aufgabe – wenn man den richtigen Dienstleister hat.
Lohnt sich der Aufwand?
In jedem Fall. Natürlich muss man für eine Optimierung des Gebäudes und der vorhandenen Technik erst einmal Geld in die Hand nehmen, aber das ist gut investiertes Geld. Ein saniertes Gebäude spart Jahr für Jahr viele Euro und erzielt bessere Miet- und Verkaufspreise. Außerdem geht es ja nicht nur um Betriebskosten und Paragrafen. Jedes energetisch sanierte Gebäude hilft, unsere Umwelt und unseren Planeten nachhaltig zu schützen. Das ist auch mit Blick auf das Unternehmensimage ein nicht zu unterschätzender Wettbewerbsvorteil, übrigens auch bei Fachkräften. Denn viele junge High Potentials beurteilen potenzielle Arbeitgebende vielfach nach ihrem Umweltengagement.
Eine abschließende Frage: Wo stehen wir Ihrer Meinung nach in Deutschland aktuell in puncto Sanierung?
Noch nicht da, wo wir sein sollten. Meiner Meinung nach gibt es hierzulande noch viel Potenzial zum Energiesparen! Leider sind viele Gebäude, vor allem die von der öffentlichen Hand, noch nicht saniert. Ich denke da beispielsweise an Schulen oder Rathäuser. Bund, Länder und Kommunen sollten bei der Energieeffizienz mit gutem Beispiel voran gehen und somit Anreize zum Handeln schaffen. Des Weiteren sollte, wie in vielen Bereichen hierzulande schon lange gefordert, ein Abbau von Bürokratie und Regularien erfolgen und der Einsatz von Fördermitteln rasch erleichtert werden. Denn wir haben alle keine Zeit mehr zu verlieren.
Gesetzeskonforme Gebäudeautomation? Nichtwohngebäude mit einer Anlagen-Nennleistung von mehr als 290 kW müssen bis 2025 laut dem Gebäudeenergiegesetz mit Gebäudeautomation ausgerüstet sein. Nutzen Sie diese Matrix, um die beste Lösung für Ihr Projekt zu finden und den Betrieb Ihres Gebäudes zu optimieren. 🏢💡
Text: Eva-Maria Beck, Illustration: Thomas Hardtmann